Mit einem Auswärtssieg bei der HSG Albstadt am Samstag (20 Uhr / Mazmannhalle) will der TSB Gmünd seine traumhafte Saison beschließen – doch der ganz große Traum liegt nicht allein in der eigenen Hand. Leistet ausgerechnet der TV Plochingen mit dem Gmünder Yannik Leichs die Steilvorlage zum Drittliga-Aufstieg?

„Don´t stop believing“ – dass der Journey-Evergreen spät nach dem letzten Heimspiel noch aus der TSB-Kabine tönte, war kein bloßer Zufall. Die Chance, noch auf den zweiten direkten Aufstiegsplatz zu springen, ist verschwindend gering. Nur wenn der TV Bittenfeld II zuhause gegen den TV Plochingen verlieren sollte, dann öffnet sich für den TSB Gmünd doch noch die Tür zur 3. Liga. „Doch Wunder können im Handball immer passieren“, so bringt es der Rückraumrechte Stefan Scholz auf den Punkt.
Völlig gelassen, fast nüchtern klingt der Trainer. „Wir können mit jedem Ausgang leben“, sagt Aaron Fröhlich. Immerhin spielt der TSB unter seiner Regie die bislang beste Viertliga-Runde, hat den TV Bittenfeld II in eigener Halle bezwungen und damit die Entscheidung in der Aufstiegsfrage bis zum Ende hinausgezögert. Die junge Mannschaft hat eine Entwicklung genommen, die ihr vor einem Jahr niemand zugetraut hätte. Alleine darauf schon sind die Gmünder stolz. „Wir haben noch etwas vor“, verspürt Fröhlich noch so gar keine Lust auf die Sommerpause: „Wir haben sind fit und motiviert, um auch das letzte Spiel zu gewinnen – unabhängig vom Tabellenstand.“
Fokus statt Träumerei
Sogar ein Spitzenspiel wartet auf der Zollernalb – wenngleich der Tabellendritte aus Gmünd ganze 16 (!) Punkte vor der viertplatzierten HSG Albstadt liegt. Ein Rang, den der starke Neuling mit den Ex-Bundesligaprofis Julian (186 Saisontore) und Gregor Thomann (165) unbedingt über die Ziellinie nehmen möchte. Dafür braucht die HSG noch mindestens ein Punkt, ist mit drei Siegen in Folge aber auch in bestechender Form. Für Aaron Fröhlich ist Albstadt ohnehin eine „Top-Drei-Mannschaft“, entsprechend hoch ist der sportliche Reiz: „Wir freuen uns darauf, uns mit dieser brutalen Qualität zu messen.“

Schon im Hinspiel war es ein offener Schlagabtausch, den die Gmünder mit 32:27 für sich entscheiden konnten. Die harte Gangart des Gegners war dem TSB-Trainer damals sauer aufgestoßen, bereits in den ersten 20 Minuten hatte es zwei Rote Karten gegeben: „Ich hatte das Gefühl, dass sie unserer jungen Mannschaft mit dieser Härte den Schneid abkaufen wollten. Wir haben nicht unser bestes Spiel gemacht, aber der Siegeswille war hoch. Ich hoffe, dass wir das nun besser lösen werden.“
Kein Kontakt nach Plochingen
Es gilt, die allerletzten Kraftreserven zu mobilisieren. Eine Extra-Anstrengung musste Albstadt schon am Mittwochabend unternehmen, um das Nachholspiel gegen den TV Plochingen mit 40:35 zu gewinnen. Eben jene Plochinger mit den letztjährigen Gmünder Coaches Michael Stettner und Volker Haiser, die im Fernduell um den Aufstieg die entscheidende Nebenrolle spielen. Ein besseres Drehbuch für den letzten Spieltag hätte selbst Hollywood nicht schreiben können. Allerdings fehlt Aaron Fröhlich ein wenig der Glaube, dass die personell dünn besetzten Plochinger „so weit sind, dass sie Bittenfeld arg in die Bredouille bringen könnten.“

Direkten Kontakt zu den Neckartälern hat beim TSB niemand hergestellt. Jedoch traf sich Yannik Leichs, der zur neuen Saison aus Plochingen heimkehren wird, nach dem vergangenen Spiel bereits mit seinen alten und neuen Teamkollegen in Gmünd. Dass das TSB-Eigengewächs noch einmal alles in die Waagschale werfen wird, versteht sich von selbst. Auch Haiser und Stettner wollen ihre erste und letzte Saison beim TV Plochingen natürlich würdig beenden. „Ich kenne beide Trainer so, dass sie sportlich noch einmal das Maximale herausholen wollen“, meint Jürgen Rilli, der Sportliche Leiter des TSB Gmünd: „Deshalb traue ich den Plochingern schon zu, dass sie Bittenfeld das Leben so schwer wie möglich machen werden.“
Ergebnis-Info während dem eigenen Spiel
„Doch eigentlich sind uns die Hände komplett gebunden“, sagt Fröhlich und fokussiert sich lieber auf die eigene, schwere Aufgabe. Wobei die Nebengeräusche wohl kaum auszublenden sind. In Bittenfeld beginnt die Partie bereits um 19:30 Uhr, in Albstadt-Ebingen erst um 20 Uhr – sprich, der TSB hat spätestens zum Anpfiff seiner zweiten Halbzeit Gewissheit, ob der Aufstieg überhaupt noch gelingen kann. „Wir werden sicher eine Info bekommen“, lässt Fröhlich durchblicken. „Doch ansonsten haben wir genug damit zu tun, unser bestmögliches Spiel abzurufen. Wir hatten in diesem Jahr immer ein gutes Mindset und keinen übergeordneten Druck – so wird es auch am Samstag sein.“

Für den 34-Jährigen selbst könnte es ein unglückliches Deja-Vu-Erlebnis werden: Schon in seiner ersten Saison als Spieler beim TSB hatte er haarscharf den Aufstieg verpasst. Damals fehlten zwei Tore, dieses Mal womöglich nur ein Punkt. Der TSB könnte sogar der beste Nicht-Aufsteiger sein, den die Baden-Württemberg-Liga seit ihrer Einführung gesehen hat. Acht Minuspunkte hätten in jeder der vorherigen 25 Spielzeiten zum Sprung in die Drittklassigkeit gereicht.
Bester Nicht-Aufsteiger aller Zeiten?
Ein undankbarer Titel, der den Gmünder allerdings nicht weh tun würde. „Wir nehmen das, was wir kriegen und sind auf jeden stolz auf unsere Saison“, betont Fröhlich. Wenn es nicht reichen sollte, dann wäre er der Erste, der seine Glückwünsche an Bittenfelds Coach Alexander Heib schicken würde. Doch so weit ist es ja noch nicht. Ein 60-minütiges Herzschlagfinale wartet, in dem der TSB bis zum Schluss an seine Chance glauben wird.
TSB: D.Mühleisen, Immer – Abt, Leichs, Maier, Pleißner, Schäffner, Scholz, J.Schwenk, Watzl, Waldraff, Bächle, Burtsche, S.Mühleisen, Waibel, Waldenmaier

(Text: Nicolas Schoch - Bilder: Frank Bieg, Enrico Immer)